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Unsoziales Regierungsprogramm: Das gleiche in grün

Das neue türkis-grüne Regierungsprogramm ist vieles, aber eines sicher nicht: ein Programm im Sinne der ArbeitnehmerInnen in Österreich. Der Klimaschutz wird zwar groß geschrieben, doch die Gewinner werden vor allem Konzerne und BesserverdienerInnen sein. Wir haben uns das neue Regierungsprogramm angeschaut und die wichtigsten Punkte diskutiert.

Eat Gift the rich

Die industriefreundliche Steuerpolitik geht ungebremst so weiter, wie unter Kurz I. Die Senkung der Körperschaftssteuer ist ein Geschenk vor allem an die großen Unternehmen. Sie wird uns Milliarden kosten. Ähnliches gilt für die Senkung der Kapitalertragssteuer und das Auslaufen des Spitzensteuersatzes auf Millioneneinkommen. „Zwei Milliarden Euro hat Türkis-Grün für Steuergeschenke an Großkonzerne und Aktionäre reserviert“, schreibt kontrast.at. Kurz gesagt: Die Reichen sollen weniger zur Gemeinschaft beitragen müssen. Das ist und bleibt das Credo der ÖVP und beweist sich auch in diese Regierung.

Das trifft auch auf den Familienbonus zu, der nochmal erhöht werden soll. Wie aber schon in der ursprünglichen Regelung, sind es erneut die Besserverdienenden, die deutlich mehr profitieren als jene, die das Geld dringender nötig hätten. So erhält man für ein Kind bis zu €1.750,- wenn man sehr gut verdient – also nochmal €250,- mehr als bisher. Im unteren Einkommenssegment beträgt die Erhöhung nur €100,- auf dem unverschämt niedrigen Niveau von €250,- auf €350 pro Kind. Zu all dem kommt noch, dass die Menschen mit den niedrigsten Einkommen nach wie vor überhaupt nichts bekommt. Aus unserer Sicht ist jedes Kind gleich viel wert, egal wieviel die Eltern verdienen!

Diese ungerechte Verteilung von unten nach oben erlaubt auch wie zu erwarten keine Erwähnung von Millionärssteuern, weder auf Vermögen noch auf Erbschaften. Angesichts der Steuergeschenke für ganz oben auf der einen Seite und dem volkswirtschaftlich unsinnigen Festhalten am Null-Defizit hat die Arbeiterkammer die richtige Frage gestellt: „Wer bezahlt die Party?“. Der AK-Gerechtigkeitscheck stellt dem türkis-grünen Koalitionsabkommen jedenfalls keine gute Noten aus. Die Zeche werden wohl die ArbeitnehmerInnen zu zahlen haben, vor allem die niedrigeren Einkommen.

Und das Klima?

Tatsächlich gibt es im Programm einige nützliche Punkte zum Klimaschutz. Das 1-2-3-Klima-Ticket ist eine gute Idee, die auch die SPÖ gefordert hatte. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist ohnehin überfällig, vor allem im ländlichen Raum. Doch für all diese Pläne braucht es massive Investitionen. Wie wird das mit der schwarzen Null vereinbar sein? Für uns ist jedenfalls klar, dass Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen nicht zusätzlich belastet werden, während den Wohlhabendsten Steuern im großen stil nachgelassen werden. Positiv ist, dass der Sozialpartnerschaft im Regierungsabkommen einiges an Platz eingeräumt wurde. Doch „die Wahrheit liegt bekanntlich auf dem Platz“, wie man sagt. Soll heißen: Wie wird das Verhältnis zur Sozialpartnerschaft in der Praxis aussehen? Wir erinnern uns nur zu gut an die 12h/Tag und 60h/Woche-Regelung, die ohne Begutachtung durchgepeitscht wurde. Wir fordern von der Regierung ein echtes Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft, denn sie garantiert immer noch den sozialen Ausgleich in unserer Gesellschaft.

Pseudo-europäisch

Sebastian Kurz hat immer sehr viel Wert darauf gelegt, als „pro-europäisch“ zu gelten. Die Grünen sind in den letzten Jahren von Beitrittsgegner zu wahren EU-Euphorikern geworden. Doch beides spiegelt sich nicht wirklich im Programm wider. Unter dem Schlagwort „Subsidiarität“ steckt seit Jahren nichts anderes als der Wunsch nach Renationalisierung. Jeder soll in seinem Schrebergarten wieder mehr für sich selbst tun, statt mit unseren Nachbarn zusammenzuarbeiten. Wie mittlerweile klargestellt wurde, wird die Regierung sich weigern, auch ein kleinwenig mehr zum EU-Budget beitragen zu wollen. Dass das nicht zusammenpasst, ist offensichtlich. Wir wollen eine Regierung, die sich nicht nur in Worten, sondern in konkreten Taten für das gemeinsame Europa einsetzt! Ein Rückschritt auf den nationalen Schwerbergarten lehnen wir ab.

Hardliner

Neben der fatalen Steuerpolitik für die die Reichen habe sich auch bei den Kapiteln Asyl und Integration die Hardliner durchgesetzt. Der sogenannte „Kampf gegen den politischen Islam“ steht im Zentrum und macht Muslime damit zu den Generalverdächtigen in unserem Land. Daher ist die trotz VfGH-Ablehnung wieder geplante Willkürhaft besonders gefährlich und muss gestoppt werden! Wir leben in einem Rechtsstaat und das muss für alle gelten!

Der Freibrief für die ÖVP, beim Thema Asyl (am wahrscheinlichsten wohl mit der FPÖ) außerhalb der Koalition Mehrhheit zu bilden, ist ein Tiefschlag für die Grünen und ein gefährliche Drohung für alle Betroffenen.

Für LGBTQI*-Personen gibt es übrigens rein gar nichts zu holen im türkis-grünen Abkommen. Die immer noch bestehenden Diskriminierungen werden einfach ignoriert, wie auch Der Standard berichtet.

Neue Un-Gerechtigkeit

Das knallharte, verkorkste Leistungsprinzip der ÖVP hat voll durchgeschlagen. „Wer viel hat, hat viel geleistet“, so könnte man meinen. Nirgends wird es so deutlich, wie wenn wir die €2 Milliarden Steuergeschenke für Reiche und Unternehmen mit der Abschaffung der Hacklerregelung (rd. €30 Millionen p.a.) gegenüberstellen. Wer hat, dem wird gegeben, aber nach 45 Jahren harter Arbeit abschlagsfrei in Pension gehen? Sorry, dafür fehlt uns das Geld! Die „neue Gerechtigkeit“ entpuppt sich als blanker Zynismus all jenen gegenüber, die hart für ihr Geld arbeiten, oder die verzweifelt Arbeit suchen. Wie auch bei ArbeitnehmerInnen über 50 Jahren. Genannt werden sie oft im Regierungsprogramm, doch in der Realität wurde die Aktion 20.000 abgedreht.

Insgesamt hat die Regierung ein langes und dennoch oft sehr vages Programm verhandelt. Inhaltlich ist es die Fortführung von Türkis/Blau, aber mit grünem Anstrich beim Klimaschutz. Jetzt ist es Zeit für starke Oppositionsarbeit, die die Interessen der ArbeitnehmerInnen verteidigt und den Kampf gegen den Klimawandel sozial gerecht gestaltet. Eine Opposition für die Vielen gegen die Regierung der Wenigen!

egierungsprogramm: Das gleiche in grün.
Das neue türkis-grüne Re